Dass Wiebke Silge den BSV in diesem Sommer verlassen wird, ist bereits seit einigen Wochen klar. In der vergangenen Woche wurde öffentlich gemacht, wohin es die 56-fache Nationalspielerin zieht: zum Schweizer Erstligisten VC Kanti Schaffhausen. Im Interview spricht die 23-jährige über ihre Pause vom Profi-Volleyball und die Zeit in ihrem Heimatort.

Wiebke, vor drei Jahren zog es dich vom Erstligisten SC Potsdam an die Bever. Nimm uns noch einmal mit zurück ins Jahr 2017: Was hatte dich seinerzeit bewogen, dem Spitzenvolleyball den Rücken zu kehren, und wie hast du damals den Weg zurück zu deinem Heimatverein gefunden?

Ich hatte gemerkt, dass sich Spitzensport und Studium für mich nicht meinem Anspruch entsprechend vereinbaren lassen. Ein Bereich blieb immer auf der Strecke. Da mir auch meine berufliche Zukunft wichtig ist, reifte in mir der Entschluss meine Prioritäten zu verschieben und gleichzeitig das „normale Leben“ kennen zu lernen. Zusätzlich habe ich am Ende den Spaß an dem Sport vermisst, den ich eigentlich so liebe. Letztlich habe ich auf mein Bauchgefühl gehört und kann heute sagen, dass ich froh bin, die Entscheidung so getroffen zu haben.
Durch den noch bestehenden Kontakt zu einigen Spielerinnen aus der ersten Mannschaft des BSV hatte ich damals erfahren, dass für die folgende Saison erst zwei Mittelblockerinnen an Bord waren. Mir war klar: Wenn, dann spiele ich nur beim BSV! In Ostbevern habe ich das Volleyballspielen erlernt, wusste um das familiäre Umfeld und ganz aufhören wollte ich eigentlich auch nicht. Also setzte ich mich mit Dominik in Verbindung und fragte nach, ob es in der Kaderplanung noch einen Platz für mich geben könnte oder ob ich ansonsten als Trainingsgast ab und an mal mittrainieren dürfte. Danach ging alles ziemlich schnell. Ich durfte zum Probetraining vorbeikommen, wurde in die Mannschaft aufgenommen und habe mich direkt wohl gefühlt.

Mit dem BSV bist du zweimal Vizemeister in der Dritten Liga geworden und in der abgelaufenen Spielzeit den Weg ins Bundesligaunterhaus mitgegangen. Als einziges Teammitglied mit Bundesligaerfahrung: Wie lautet dein Fazit für die Ostbeverner Premierensaison in der 2. Liga?

Meiner Meinung nach haben wir uns als Aufsteiger insgesamt gut geschlagen und gezeigt, dass wir auf Zweitliganiveau mithalten können. Als Mannschaft haben wir im Vergleich zur Dritten Liga einen großen Schritt nach vorne gemacht.
Außerdem finde ich es großartig, was dieser kleine Verein alles auf die Beine stellt. Das Umfeld, in dem die Spiele ausgetragen wurden, war nahezu perfekt. Einen großen Dank an alle Helfer und natürlich auch an die Fans, die uns immer tatkräftig unterstützt haben und ohne die das Abenteuer 2. Liga für uns nicht möglich gewesen wäre.


Die Mittelblockerin in ihrem Paradeelement (Foto: D. Overlöper)

Nun hast du dich entschieden, doch noch einmal auf Topniveau anzugreifen. Wie kam es dazu?

Der Spaß am Spiel, den ich zwischenzeitlich vermisst habe, kam während der Zeit beim BSV wieder zurück. Besonders die letzte Saison in der 2. Liga hat Lust auf mehr gemacht und da sich mein Studium dem Ende nähert, möchte ich jetzt die Chance nutzen, mich einer neuen sportlichen Herausforderung zu stellen.

VC Kanti Schaffhausen – kaum jemandem, der davon hörte, dass du den BSV verlassen wirst, dürfte dieses Ziel spontan in den Sinn gekommen sein. Erzähl uns ein bisschen von dem Verein! Warum gerade die Stadt am Rheinfall?

Der Club spielt ambitioniert und erfolgreich in der 1. Schweizer Liga und mit dem Trainer (Nicki Neubauer) war ich schon einmal mit der Nationalmannschaft unterwegs. Generell mag ich die Schweiz mit ihrer Natur und den Bergen sehr gerne und freue mich darauf, eine neue Liga kennen zu lernen. Ein weiterer Grund, der mich in den Süden zieht, ist, dass mein Freund momentan in Österreich wohnt.


Beim BSV trug Wiebke stets die Trikotnummer 12. (Foto: D. Overlöper)

2011 hast du erstmals Abschied genommen vom BSV, als du an den Bundesstützpunkt Münster gegangen bist. Erinnerst du dich noch, mit welchen Gefühlen der Wechsel damals verbunden war, und gibt es Unterschiede zu heute?

Damals war es ein riesiger Schritt für mich. Mit 15 Jahren von zuhause auszuziehen, in eine neue Stadt und zu einer neuen Schule zu gehen, da hatte ich anfangs schon ein mulmiges Gefühl. Aber ich wollte die Chance nutzen und wusste, ich kann immer zurückkommen. Das hat mir Sicherheit gegeben. Heute ist die Distanz ja viel weiter, jedoch fühlt es sich für mich nicht so ungewiss an. Jetzt habe ich all die Erfahrungen, die ich in meiner Volleyballzeit schon gemacht habe, im Gepäck. Ich freue mich auf das, was mich erwartet! Allerdings fällt mir der Abschied auch nicht leicht.


In den Abschied der Leistungsträgerin mischen sich für den BSV natürlich Wehmut, aber auch Stolz, die Rückkehr in den Spitzensport geebnet zu haben, und Dankbarkeit für drei wunderbare Jahre.
Wir wünschen ihr für die Zukunft ganz viel Lebensglück, Gesundheit und natürlich ein gutes Händchen am Ball! In der Bevergemeinde wirst du immer aufs Herzlichste willkommen sein, Große!