Was war das denn bitte für ein Turnaround? Unsere Zweitligadamen drehten ihre Partie gegen Bayer Leverkusen nach 0:2-Satzrückstand und 8:17 im Dritten und triumphierten am Ende mit 15:4 im Tie-Break.

Das Ergebnis kam sicherlich für viele überraschend, hatte sich der Meister von 2021 doch zuletzt formstark präsentiert und war nach durchwachsenem Saisonstart mit vier 3:0-Siegen in Folge bis auf Tabellenplatz 4 geklettert. Nichtsdestotrotz waren unsere Damen nicht nach Leverkusen gefahren, um lediglich um eine glimpfliche Niederlage zu spielen. Nach den couragierten Auftritten der letzten Wochen gegen die Topteams der Liga, bei denen nur wenig Zählbares herausgesprungen war, wollten sie sich diesmal nach Möglichkeit auch belohnen. Dass die Gastgeberinnen kurzfristig auf ihre beiden Außenangreiferinnen Sarah und Lena Overländer verzichten mussten, nährte überdies insgeheim die Hoffnung, die Heimreise nicht mit leeren Händen antreten zu müssen.
Doch zunächst sah es sehr danach aus, als könnten die BayerVolleys die Ausfälle souverän kompensieren. Ihr Annahmeriegel wankte nur selten, auf der Diagonalen war Rukije Muja - später MVP auf Leverkusener Seite - kaum zu stoppen und Zuspielerin Svenja Enning setzte den Schnellangriff immer wieder erfolgreich in Szene. So lief es für unsere Damen erst einmal wie gegen Borken oder Stralsund: gut mitspielen und knapp verlieren. Sie starteten fokussiert und mutig und hatten angeführt von Hannah, bei der fast jeder Angriff saß, in der Anfangsphase sogar leichte Vorteile (8:4 zur ersten technischen Auszeit). Allmählich kam das Heimteam aber in Schwung, egalisierte den Rückstand bis zur zweiten Technischen nahezu (16:15) und machte in der Crunchtime die entscheidenden Punkte.
Der Satzausgang schien Spuren in den Köpfen unserer Damen hinterlassen zu haben. Im Zweiten bestimmte Bayer das Geschehen. Dass die Gastgeberinnen auch alle langen Rallyes, in den unsere Damen eigentlich vieles richtig machten, nur den Ball nicht final auf den Boden bekamen, zu ihren Gunsten entschieden, tat das Übrige: Der BSV verlor den Faden, irgendwo zwischen überhöhtem Risiko und Ratlosigkeit. Das Szenario zog sich bis weit in den dritten Abschnitt hinein, die Partie schien längst gelaufen. Bei 8:16 in der zweiten technischen Auszeit dann ein letztes Zusammenraufen: "Wir brauchen nur zwei Punkte in Folge und dann saugen wir uns ran." Das übernahm Amelie, die bei 9:17 zum Service kam und ihre erste von zwei richtungsweisenden Aufschlagserien startete. Als Leverkusen endlich der Sideout glückte, war Ostbevern wieder dran (16:18) und das Momentum hatte gewechselt. Bis 21:23 hielt der kleine Vorteil Leverkusens noch, jetzt allerdings machte der BSV die entscheidenden Punkte (vor allem durch entschlossene Blockarbeit am Netz) selbst. Nur noch 1:2.
Mit dem Rückenwind des Satzanschlusses erspielten sich unsere Damen im Vierten eine 15:8-Führung, erlebten dann aber am eigenen Leib, was sie zuvor den Leverkusenerinnen aufgezeigt hatten: wie eine hohe Führung in nur einer Rotation zusammenschmelzen kann. Zur zweiten technischen Auszeit waren die Gastgeberinnen wieder vorn. Es folgte ein Kopf-an-Kopf-Rennen, bis sich der BSV durch zwei Monsterblocks unserer Youngster Sophia und Amelie auf 23:20 absetzen und kurz darauf durch eine abgezockte Amelie im Angriff den Satzausgleich holen konnte.
Die 17-jährige war es dann auch, die den Tie-Break mit ihrer zweiten Aufschlagserie von 3:2 auf 10:2 vorentschied. Leverkusens Coach Dirk Sauermann hatte nach den zwei verlorenen Abschnitten umgestellt und Diagonalspielerin Rukije Muja in den Außenangriff beordert. Ein Schachzug, der nicht aufging. Gegen ihre Angriffe von Position 4 stand der BSV-Block besser als zuvor auf der Überkopfposition, zudem wurde sie nun in der Annahme beschäftigt und geriet zusehends unter Druck. Dem BSV gelang nun praktisch alles (selbst eine Fußabwehr), während Leverkusen - ratlos, resignierend oder mit den Energien am Ende - den ein oder anderen Eigenfehler beisteuerte. Wie beim Matchball, als Leverkusens Kapitänin ihren Schnellangriff ins Netz verzog. Da war es tatsächlich geschafft. Der BSV hatte ein verlorenen geglaubtes Match gedreht und erstmals einen der großen Namen der 2. Liga besiegt.


Foto: Andreas Schneider

Als MVP auf BSV-Seite wurde Esther ausgezeichnet. Sie war, noch angeschlagen durch ihre Fußverletzung, erst in Satz 3 ins Spiel gekommen und aus Gästesicht zu einer der Gamechangerinnen geworden. Der eigentliche MVP war jedoch das Team, das über die Breite im Kader zurück ins Spiel gefunden und auf die frustrierender Zwischenbilanz mit großer Moral geantwortet hatte.