Wenn die BSV-Volleyballer am Freitag ihr 50-jähriges Jubiläum feiern, steht ein Mann noch immer mitten im Abteilungsleben, der schon im Gründungsjahr 1972 an Bord war: Norbert Horstmann, früher Spieler, heute stellvertretender Abteilungsleiter und zuständig fürs Marketing: Mehr BSV-Volleyball geht nicht! Deshalb haben wir das "Urgestein" zum Interview gebeten.  

Norbert, man darf dich einen „Mann der ersten Stunde“ nennen. 1972 bist du als junger Kerl in die frisch gegründete Volleyballabteilung eingetreten und bis heute in und für sie aktiv. Was sind deine Erinnerungen an die „Gründerzeit“?

N.H.: Nach den olympischen Spielen 1972 in München ging ein regelrechter Hype durch Deutschland. Überall entstanden Gruppen, die anfingen Volleyball zu spielen, so auch in Ostbevern: mit viel Schwung und (fürs Erste) wenig Taktik, mit viel Begeisterung und (vorerst) wenig Wettkampfmöglichkeiten sowie mit viel Spaß und (zunächst) wenig Gelegenheit zum Training. Die ersten Wochen und Monate waren schlicht vom Enthusiasmus geprägt, Dabeisein war wichtiger als alles andere. Man traf sich anfangs in gemischten Gruppen. Aufwärmen, Dehnen und Kondition waren Fremdworte – es ging sofort an den Ball. Ganz zu Beginn spielten wir uns diesen auch noch im Kreis zu, es sollten ja alle gleichberechtigt sein.
Trainiert wurde in der Turnhalle der Grundschule, damals noch mit Glasbauwand auf der Längsseite, die perfektes Gegenlicht garantierte, und mit Parkettboden, meistens „perfekt gebohnert“ – egal, Hauptsache wir konnten spielen!
Mit Manfred Lehmann hatten wir unseren ersten Abteilungsleiter, der von Beginn an hochmotiviert zu Werke ging. Mit viel Überzeugungskraft war es ihm gelungen, extrem begehrte Hallenzeiten für die neue Sportart freizuschaufeln. Durch die Euphorie getragen boomten wir uns in kürzester Zeit zur drittgrößten Abteilung im BSV! Auch Lioba Tenhumberg hatte seinerzeit großen Anteil an der Gründung und Etablierung der jungen Sparte. Und mit Heinz-Jürgen Schmidt, Lehramtsanwärter Sport, hatte wir gleich auch einen sehr guten Übungsleiter. Er verstand es in beeindruckender Weise, die Meute Volleyballverrückter in geordnete Bahnen zu lenken. Dazu wurde die mittlerweile angewachsene Gruppe in Jungs und Mädchen aufgeteilt. Bereits 1974 gingen jeweils zwei männliche und weibliche Mannschaften in den Spielbetrieb. Am Ende der ersten Saison standen sowohl die Mädchen als auch die 1. Damen auf dem 2. Platz in ihrer Staffel. Die Jungs und 1. Herrenmannschaft hatten jeweils Rang 4 erreicht.

Heute wird die Volleyballabteilung des BSV vom Frauen- bzw. Mädchen-volleyball bestimmt. Das war nicht immer so, oder?

N.H.: Nein, zunächst waren die Männer bzw. Jungs in der Überzahl, gleichwohl die Damen und Mädchen auch von Anfang an dabei waren. Aber damals wurde die Kraft und Athletik, die für den Volleyball vonnöten sind, noch eher dem männlichen Geschlecht zugeschrieben. Zu Unrecht, wie wir heute längst wissen.
Ich habe ja selbst viele Jahre für Ostbevern gespielt. 1980 setzten wir im Herrenbereich zu einem Höhenflug an. Da wurden die 1. Herrenmannschaft Kreismeister und damit auch Aufsteiger in die Bezirksliga. Einige Jahre ging es, um im Bild zu bleiben, im Gleitflug weiter. Der Sinkflug begann dann 1997, würde ich sagen, als zwar noch einmal die Qualifikation für die Relegationsspiele zur Bezirksliga geschafft, der erneute Aufstieg aber verpasst wurde. In den Folgejahren gelang es nicht mehr, eine schlagfertige 1. Herren zu etablieren und der männliche Bereich dünnte – wie leider vielerorts – mehr und mehr aus. Die vorerst letzte Herrenmannschaft hatten wir in der Saison 2015/16.  Es war ihr Trainer Dirk Volke, der die Fahne des Ostbeverner Männervolleyballs in den 2000er-Jahren durch sein unermüdliches Engagement hochhielt. An dieser Stelle dafür herzlichen Dank, Dirk!
Heute haben wir tatsächlich wieder eine neue Jungenmannschaft. Sie hat sich Corona und anderen Widrigkeiten zum Trotz stabilisiert und wird hoffentlich noch weiter anwachsen.

Du hast 50 Jahre Volleyball im BSV erlebt. Was sind deine besonderen Erinnerungen aus dieser Zeit?

N.H.: Da gibt es ganz viele Punkte zu nennen und es würde sicherlich diesen Rahmen sprengen, sie alle aufzuführen. Die Anfänge waren auf jeden Fall mal klasse, davon habe ich ja gerade schon erzählt.
Nachdem sich dann der Spielbetrieb eingeschwungen hatte, habe ich mit der 1. Herrenmannschaft eine tolle Zeit erlebt. Wir haben den ein oder anderen Aufstieg und so manchen Pokalsieg kräftig gefeiert und manche Niederlage tapfer durchgestanden. Mein Bruder Thomas und ich haben uns immer einen Spaß daraus gemacht, zusammen zum Doppelblock zu gehen. Wir sind beide zwei Meter groß, da war für den Gegner fast kein Durchkommen mehr, da stand halt eine „Wand“.
Highlights waren auch immer wieder die überregionalen Events. Schon 1974 richtete die Volleyballabteilung ein Juniorinnenländerspiel Deutschland – Niederlande in Ostbevern aus. 1979 konnte die 1. Herrenmannschaft ein Freundschaftsspiel gegen den amtierenden Westdeutschen Seniorenmeister des USC Münster bestreiten. Mit viel Applaus und wenig Punkten konnte man den mit mehreren Nationalspielern bespickten Gegner letztendlich nicht wirklich in Bedrängnis bringen.
Die Festwoche zur Einweihung der Beverhalle wurde im Jahr 2000 mit einem Showtraining des Bundesligisten USC Münster garniert. Das ließen sich zahlreiche Ostbeverner Zuschauer nicht entgehen, insbesondere kamen viele, die Volleyball einmal näher kennen lernen wollten. Während der Übungen ging regelmäßig ein Raunen durch die Zuschauermenge. Beispielhaft hierzu folgende Szene: Trainer Axel Büring warf einen Ball in eine Ecke des Spielfeldes, den seine Spielerin im Hechtbagger gerade noch erwischte. Genau in diesem Moment warf der Coach schon den nächsten Ball – und zwar in die andere Ecke des Feldes. „Den kann die doch niemals kriegen…“, höre ich heute noch den Ruf eines Zuschauers. Konnte sie doch! Diese und viele andere Szenen führten dazu, dass die Zuschauer hellauf begeistert waren und erlebten, wie extrem attraktiv Volleyball ist.
In den 2000er-Jahren folgten hochklassige Freundschaftsspiele, bei denen der französische Meister Racing Club Villebon 91 aus Paris, der niederländische Vizemeister Oldenzaal, die deutschen Bundesligisten USC Münster oder Bayer 04 Leverkusen oder gar das Team von Dynamo Yantar aus Moskau in der Beverhalle ein Stelldichein gaben.
Als besondere Erinnerung möchte ich auch den Bau unserer eigenen „Sandkiste“ 1998 im Beverstadion nennen. Die Beachanlage wurde in Eigenleistung angelegt und nach Fertigstellung mit einer denkwürdigen Beachnight eingeweiht.
Im gleichen Jahr gipfelte die erste große Hochphase im BSV-Damenvolleyball. In der Ära von Trainer Dietmar Weiß war die 1. Mannschaft mehrmals aufgestiegen und schaffte schließlich den Sprung in die Regionalliga. Zwei Spielzeiten lang wurde im Beverdorf in der damals noch dritthöchsten Spielklasse Deutschlands Spitzensport geboten, ehe die meisten Spielerinnen dieser großartigen Mannschaftsgeneration die Volleyballschuhe an den Nagel hängten und sich die 1. Damen für einige Jahre in den mittleren Ligen tummelten.
Vor rund 10 Jahren ging dann wieder die Post ab. Von der Verbandsliga kletterten unsere 1. Damen beinahe im Zwei-Jahres-Rhythmus immer weiter hoch. Der absolute Höhepunkt war ohne Zweifel 2019 der erstmalige Aufstieg in die 2. Bundesliga. Ein Dorfverein in der zweithöchsten deutschen Spielklasse: einfach Hammer! Und das Spiel, in dem wir in der Beverhalle den Aufstieg klarmachten: pure Gänsehaut!

Gerade in den letzten 10-15 Jahren hat sich die Volleyballabteilung des BSV stark verändert. Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Bausteine für diese Entwicklung und die damit verbundenen Erfolge?

N.H.: Zunächst einmal ist die Neuausrichtung in der Nachwuchsförderung zu nennen. Es war Dominik Münch, der – 2005 war es, glaube ich – zu uns, dem Vorstand, kam und unbedingt neben seiner Tätigkeit als Trainer der 1. Damen auch noch eine Jugendmannschaft aufbauen wollte, und zwar vom ganz jungen Alter an. Es gab ja auch vorher schon Nachwuchsmannschaften beim BSV, aber die fingen meist erst im Jugendalter an. Dominik wollte Kinder gewinnen, teilweise unter 10. Gesagt, getan! Nur wurden aufgrund des enormen Zuspruchs aus dieser einen Gruppe ganz schnell drei. Und bald kamen weitere Jugendtrainerinnen und -trainer hinzu. Dieses Spielchen wiederholte sich in den Folgejahren mit stetigem Erfolg. So entwickelte sich eine vorher nicht gekannte Breite in unseren Jugendteams, die zudem auch immer besser spielen konnten. Denn da Volleyball sehr hohe Anforderungen an Koordinationsvermögen, Technik, Kondition und natürlich Teamgeist stellt, kann man auch sagen: je früher, je besser. Bald ging es für unsere Mannschaften zu Westdeutschen oder gar Deutschen Jugendmeisterschaften. Und auch die Erfolge der 1. Damen in den letzten Jahren sind ganz klar Früchte dieser Entwicklung. Dass wir eine gute und kontinuierliche Nachwuchsförderung betreiben, ist schließlich auch dem Westdeutschen Volleyballverband nicht entgangen, der uns im Jahre 2019 dafür auszeichnete. Seitdem dürfen wir uns „Verbandsstützpunkt für Volleyball“ nennen.
Ein Meilenstein war natürlich auch die Inbetriebnahme der Beverhalle im Jahre 2000 – eine wichtige Voraussetzung, dass sich unser Sport entsprechend weiterentwickeln konnte. Denn seitdem war es möglich, mehr Trainingsgruppen eine Heimat zu geben und große Events wie Westdeutsche Meisterschaften oder die Sommercamps auszurichten. Auch drangen unsere Teams ja in immer höhere Spielklassen vor, mit denen auch wachsende Anforderungen an die Spielstätte einhergingen. Da ist beispielsweise das farblich abgesetzte Spielfeld zu nennen, mit dem nicht nur eine Herzensangelegenheit von uns in Erfüllung ging, sondern das für die 2. Bundesliga auch ein Muss ist. Hier hat unser Gemeinderat mit seiner Entscheidung Weitsicht bewiesen.
Wenn man dann sieht, was in dieser Halle alles stattfindet, so fällt der Blick direkt auf einen weiteren Baustein: das immense Engagement der Beteiligten. Der Aufwand (neben den Kosten) ist ja enorm geworden und will geleistet werden. Das ist manchmal mit „Ehrenamtlichen“ eigentlich gar nicht mehr zu machen. Bislang hatten wir Glück, dass wir wie zu den Gründerzeiten immer wieder „Volleyballverrückte“ gefunden haben, die sich zu 200 Prozent engagieren. Ganz besonders erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang aber auch unsere treuen Sponsoren. Was mal mit ein paar Mark für ein Turnier begann, ist heute eine überlebenswichtige Komponente geworden, ohne die eine so vielschichtige Nachwuchsarbeit und der Spitzensport undenkbar wären!
Das sind aus meiner Sicht die Grundsteine, auf denen der Erfolg fußt. Ohne diese Basis könnte sich nichts Nachhaltiges entwickeln und wir würden Breitensport betreiben, aber nicht in den höheren Ligen mitmischen. Für mich liegt genau darin der Reiz, sich schrittweise weiterzuentwickeln und zu reifen, dabei auch für das weitere Leben etwas mitzunehmen. Dafür bieten sich hier bemerkenswerte Möglichkeiten.

Eine abschließende Frage, Norbert: Du bist dem Volleyball seit 50 Jahren treu. Was fasziniert dich an diesem Sport, dass du über so lange Zeit nicht von ihm lassen kannst?

N.H.: Da ist zu einen die Dynamik der Sportart. Früher wie heute ist es für mich beeindruckend, wenn z.B. der Ball beim Gegner schneller auf den Boden knallt, als sich die Abwehr überhaupt formieren konnte.
Gleichzeitig bietet das Spiel auch Raum für Finesse. Bei uns Männern hat es damals lange gedauert, bis wir verstanden hatten, dass man auch mit einem Lob einen Punkt machen kann. Heute kann ich mich bei den Spielen unserer Damen immer wieder für die raffinierten, überraschenden Aktionen begeistern. Bei den Frauen knallt es vielleicht nicht ganz so laut, dafür ist das Spiel auf andere Weise attraktiv: Hier sind längere Ballwechsel häufiger, der Kampfgeist kann sich entfalten und die Spannung ist aufgrund der umkämpften Rallyes höher.
Damit einhergehend: die Emotionen. Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt, beides liegt oft nur Sekundenbruchteile auseinander. Dieses Wechselspiel packt ja auch immer wieder viele Zuschauer bei den Heimspielen unserer Teams und lockt junge Menschen an, nicht nur diesen Sport zu erlernen, sondern auch den Spirit, der damit verbunden ist, zu erleben.
Und schließlich, dass man für Volleyball ein TEAM braucht. Ein TEAM, in dem jeder seine Stärken ausspielen kann, und der Mitspieler sich nicht zu schade ist, die Schwachpunkte des anderen auszugleichen. Wo es gelingt, jedem seinen Platz im TEAM zu geben, der seinen aktuellen Fähigkeiten entspricht, und sich dabei selbst nicht zu wichtig zu nehmen. Ein Spieler kann noch so gut sein, er wird im Volleyball alleine kein Spiel gewinnen. Dieser Teamgedanke überträgt sich auch auf alle, die sich abseits des Spielfeldes engagieren.

Norbert, herzlichen Dank für dieses Gespräch!